Shoppingerlebnisse unter der Lupe
Geben wir es doch zu, ein wichtiger Teil unseres Alltags dreht sich ums Geld ausgeben. In Sachen Geld habe ich hier jenseits des Euro-Raumes diesen von außen betrachtet noch bewusster schätzen gelernt als zuvor. Die lokale Währung, der armenische DRAM, schwankt spürbar, was man z.B. an den steigenden Supermarktpreisen für viele importierte Waren ablesen kann.
Und wie umständlich und teuer Geldtransfer in außereuropäische Länder ist, musste ich auch schon schmerzhaft feststellen: Was mich die Überweisung eines Geldbetrages von meinem deutschen auf mein armenisches Konto gekostet hat, bezahle ich sonst für die Kontoführung im ganzen Jahr.
Aber wenn man diese organisatorischen Hürden gemeistert hat, dann kann es damit losgehen, das ganze Geld wieder auszugeben.
Was es in Hülle und Fülle gibt
Der Anfang ist recht einfach, denn Geldautomaten gibt es hier in Yerevan an jeder Ecke, manchmal stehen sogar mehrere nebeneinander. Warum das so ist, weiß ich gar nicht so genau. Denn kürzlich habe ich gelesen, dass 85% aller Armenier kein Konto haben. Was ich zumindest weiß ist, dass mit Bargeld bezahlen hier sehr verbreitet ist.
Ebenfalls an jeder Ecke im Überfluss zu erhalten ist frisches Obst und Gemüse zu günstigen Preisen und guter Qualität. Neben den Supermärkten gibt es auch Märkte und Marktstände aller Art: Von Markthallen über Straßen mit Marktständen und Bauernmärkten am Wochenende bis hin zu einzelnen Ständen an Straßenecken, an denen die Bauern der Umgebung ihre Waren verkaufen.
Ein Beispiel: Radieschen schmecken hier noch nach Radieschen (wer erinnert sich noch? Eigentlich sind Radieschen leicht scharf) und ein Bund kostet hier ca. 30 Cent.
Das Highlight ist für mich im Frühsommer die Aprikosen-Saison. Nirgendwo sind Aprikosen besser und günstiger, glaube ich. Und dass man sogar den Kern mitessen kann und dieser noch besonders gesund und lecker ist, habe ich ebenfalls hier gelernt.
Nur etwa hundert Meter von meiner Wohnung entfernt findet jedes Wochenende ein großer Bauernmarkt statt, der in den letzten zwei Jahren zudem noch professioneller geworden ist, zumindest was die einheitlichen blauen Pavillons, Banner darüber und Waagen angeht.
Ansonsten ist ganz klar, dass hier nicht nur sehr viel selbst geerntetes, sondern auch selbst produziertes verkauft wird. Sonntag nachmittags um halb vier schieben und drängeln sich die Yerevaner an diesen Ständen entlang, um einheimische Spezialitäten wie Honig, Wein, Wodka, getrocknete Kräuter oder eingelegtes Gemüse zu Bestpreisen zu ergattern.
Trotz dieses breiten Angebots bin ich in letzter Zeit manchmal etwas faul geworden im Hinblick auf Gemüse und Salat kaufen. Dies liegt vor allem an den verlockenden Feinkosttheken hier in den Supermärkten, an denen man etwa Taboulé, Karottensalat, Krautsalat oder vieles mehr zu Preisen ab ca. 50 Cent pro 100 Gramm kaufen kann. Da muss ich zum selber schnibbeln schon viel Zeit und Lust haben. Ergänzt wird dieses Angebot z.B. um Hummus, Baba Ganoush, Zaziki und ähnlichem.
Neben diesen Theken quellen in den Supermärkten die Regale förmlich über vor Süßwaren in allen Farben und Formen. Einige Produkte sind einheimisch, viele kommen aus Russland, der Ukraine oder auch aus Deutschland oder Italien. Der größte Teil besteht aus Pralinenschachteln im XXL-Format, die hier gerne und oft verschenkt werden. Daneben gibt es in vielen Supermärkten auch noch ein großes Selbstbedienungsangebot an Keksen und Kleingebäck.
Was es nur hier gibt – möglicherweise …
Schokolade bringt mich zu dem Thema, was es nur hier gibt: Dies sind die einheimischen Süßwarenfirmen, bei denen bislang Arcolad für Trockenfrüchte mit Schokolade und Grand Candy für Kekse, Kuchen und Torten meine Favoriten sind. Zwar gibt es auch andere armenische Hersteller von Trockenfrüchten mit Schokolade von guter Qualität, aber bei Arcolad schmeckt mir die Schokolade am besten. Wobei an zweiter Stelle für mich schon die Trockenfrüchte von Grand Candy kommen.
Das Einkaufen im Grand Candy „Flagship Store“ ist an sich schon ein Erlebnis, hinzu kommt die Auswahl und Qualität der Kuchen und Torten. Da bietet es sich an, immer mal wieder nach Gelegenheiten zum Feiern Ausschau zu halten, um vorher dort einkaufen zu können.
Was ich neben Arcolad- und Grand Candy-Schokolade an armenischen Produkten außerdem liebe, sind z.B. die Säfte von Yan, auch eine armenische Firma. Von Yan gibt es u.a. 100%igen Aprikosensaft, was ansonsten ja sehr schwer zu bekommen ist. In Italien bin ich in dieser Hinsicht fündig geworden, aber in Deutschland war es fast unmöglich.
Etwas, das wohl auch – zumindest in seiner Zusammensetzung – typisch für Armenien ist, ist eine Kräutermischung, die man im Bund kaufen kann. Sie besteht aus viel glatter Petersilie, ebenso viel Koriander, etwas Dill, manchmal Spinat oder Sellerie, sowie – mein absoluter Favorit – rotem Basilikum. Dabei ist der Geschmack dieses Krauts ganz anders und viel würziger als der von grünem Basilikum. Das Ganze kostet übrigens ca. 30 Cent – für diese Menge Kräuter würde man in Deutschland wohl mindestens das zehnfache bezahlen …
Zu armenischen Produkten, Lebensmitteln und Spezialitäten ließe sich noch viel mehr berichten, das hebe ich mir aber gerne für weitere Beiträge auf. Bei vielen wichtigen Themen, wie etwa armenischem Wein oder Brandy, muss ich auch noch weitere Feldforschung betreiben.
Zu guter Letzt ist mir die Hülle und Fülle der Blumenstände aufgefallen. Blumenstände auf der Straße habe ich auch schon in anderen Ländern gesehen, aber so viele und so große bisher nur in Armenien. Einmal habe ich aus dem Auto eine Reihe von acht Blumenläden nebeneinander gezählt! Oft befinden sich auch mehrere Blumenstände nebeneinander auf den Bürgersteigen. Besonders üppig fand ich diesen Stand in einer Fußgängerunterführung.
Was ich mir mitbringe(n lasse) …
Trotzdem lernt man im Laufe der Monate im Ausland, was einem wirklich wichtig ist, auch beim Essen. Bei mir ist dies z.B. spätestens ab November Lebkuchen mit Schoko-Überzug. Man bekommt hier zwar Lebkuchen – übrigens das ganze Jahr über – aber leider nur mit Zuckerguss, nicht mit Schokolade.
Auch Gewürzmischungen und Fertigprodukte gibt es hier seltener und in kleinerer Auswahl zu kaufen als in Deutschland. Die Armenier kaufen eben meist die Grundzutaten und kochen stundenlang selbst – oder gehen gleich essen. Daher sind meine Tüten mit Gemüsebrühe in Bio-Qualität, Spaghetti- und Zaziki-Gewürz vom Wiener Naschmarkt hier meine größten Schätze …
Meine armenischen Kollegen schätzen übrigens auch deutschen Filterkaffee sehr, ich bevorzuge inzwischen nach zwei Jahren eindeutig das Tässchen armenischen Surj – mit viel Liebe natürlich!
Und zu guter Letzt ist dann noch die Sache mit dem Käse. Armenischer Käse ist lecker und gerade die Käsefäden oder Käse-„Zigaretten“ mag ich sehr gerne. Aber Parmesan, Camembert, Emmentaler und co. fehlen mir doch sehr, allerdings gibt es diese hier leider nur als Importware aus der Euro-Zone – siehe oben. Daher können mich Besucher auch mit haltbarem Käse wie Halloumi, Parmesan oder Bergkäse glücklich machen …