Zwischen Klöstern und Kellereien …

Nun, Klöster habe ich in den letzten anderthalb Jahren in Armenien schon viele besucht, bis zur ersten Kellerei hat es dann doch ein wenig gedauert. Die Endprodukte derselbigen waren mir natürlich aus gelegentlichen Besuchen von einigen der vielen Weinbars in Yerevan durchaus vertraut, Betriebe fehlten mir aber noch. 

Im Dezember hatte ich dann eine Exkursion für Gäste aus Deutschland zu organisieren und meine Kollegin und ich beschlossen, das Übliche mit dem Angenehmen zu verbinden, also zunächst zwei wunderschön gelegene, kunsthistorisch wertvolle Klöster (Hovannavank und Saghmosavank) zu besichtigen und dies dann mit dem Besuch des Weinguts ArmAs in der Ararat-Ebene zu kombinieren. 

Als wir an einem Wochentag im Dezember bei den Klöstern ankommen, sind wir die einzigen Gäste weit und breit und unsere Reiseführerin muss erst den Schlüsselwart suchen, damit wir die Klöster auch von innen zu sehen bekommen. Gerade der Gavit, die große Vorhalle vor der Kirche, ist in Hovannavank besonders kunstvoll, luftig und schön, ein Jammer, wenn wir das unseren Gästen nicht hätten zeigen können. In Saghmosavank schwebt der Kegel des Ararat in der Ferne direkt über der Kassagh-Schlucht, zu jeder Jahreszeit ein grandioser Anblick. Hier leistet uns bei der Besichtigung lediglich ein riesiger schwarzer Hund Gesellschaft.

Danach geht es endlich zum Weingut ArmAs, auch hier sind wir die einzigen Gäste und müssen noch warten, bis auch die Führerin dort eintrifft. Zunächst fahren wir mit ihr im Minibus durch die Weinberge und werden von ihr anschließend ausgiebig durch den funkelnagelneuen Betrieb geführt. Erst 2007 hat man hier angefangen, aufgegebene Weinberge und Kornfelder in ein Weingut zu verwandeln und die Kellerei aus dem Boden zu stampfen, hunderte von italienischen Experten haben hier jahrelang gewerkelt. Nachdem wir so viele Eindrücke zu verarbeiten haben, sind wir sehr froh, als wir endlich im neu eröffneten Restaurant ein leckeres Menü mit jeweils passenden Weinen serviert bekommen und uns mit Blick auf den Ararat in der Ferne ein wenig stärken können. Anschließend kaufen wir im Shop noch kräftig ein und schlafen auf dem Rückweg nach Yerevan ein bisschen unseren Kaufrausch aus …

Auf einem Weihnachtsbazar gewinnt dann meine armenische Freundin eine weitere Besichtigung eines Weinguts und möchte mich dazu gerne mitnehmen. An sich eine prima Idee, aber den ganzen Januar und Februar über macht uns der härteste und längste armenische Winter seit langem einen Strich durch die Rechnung. Nebel, Kälte und Schneefall gehen bis Anfang März permanent ineinander über und die Depressionen der Armenier wachsen ins Unermessliche. Sie vermissen die Sonne fast noch mehr als die Wärme und mir geht es genauso ….

Anfang März ist der Winter-Spuk endlich vorbei und am Abend vor dem Internationalen Frauentag am 8.3. (der hier ja, wie bereits berichtet, ein Feiertag ist) ruft die Armenia Wine Company erneut bei meiner Freundin an und fragt sie, ob sie zum Frauentag nicht doch noch kommen möchte, es seien noch Plätze in einer Tour frei. Sie möchte und ich auch und so machen wir uns an einem strahlend sonnigen Märztag endlich auf in Richtung des Dorfes Sasunik, nur 40 Minuten von Yerevan entfernt. 

Wieder warten wir auf die Führerin. Diesmal läuft die Besichtigung unter erschwerten Bedingungen ab, wir sollen uns nämlich einer russischen Reisegruppe anschließen und meine armenische Freundin darf daher vom Russischen ins Englische übersetzen. Das meistert sie jedoch mit Bravour und muss nur ab und zu die Führerin noch mal nach Details fragen.

Bei der Armenia Wine Company finde ich besonders spannend, dass das gesamte Gelände zwar ebenfalls weniger als zehn Jahre alt ist, aber die Planer es ganz geschickt geschafft haben, moderne Technologie mit armenischer Anmutung und Charme zu verbinden. Ein besonders witziges Beispiel dafür ist ein Weinkeller, der mit Bildern armenischer Künstler geschmückt ist, in der Hoffnung, dass der Wein dadurch noch besser reifen kann. Hoffen kann man ja und der Anblick ist wirklich sehr schön.

 

Auch hier ist die Krönung der Führung eine Weinprobe mit den Spezialitäten des Hauses, begleitet von Brot, Käse und armenischen Trockenfrüchten – wir finden, dass man so durchaus angemessen auf den Frauentag anstoßen kann …

Am Palmsonntag schließlich habe ich die Gelegenheit, eine ganz besondere Kellerei mit meinem Lieblingskloster in Armenien zu verbinden: Die Höhle Areni 1 im Süden Armeniens birgt nämlich die älteste bislang gefundene Weinproduktionsstätte der Welt, ganz in der Nähe des Klosters Noravank.

Eingang zur Höhle Areni 1
Eingang zur Höhle Areni 1

Der gesamte Kaukasus ist mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit die Wiege des Weinbaus, so hat man im benachbarten Georgien die ältesten Spuren für Weinbau gefunden, die ca. 8 000 Jahre alt sind. In Areni 1 wurde bereits vor etwa 6 000 Jahren im großen Stil Wein gekellert, wie u.a. 50 Liter fassende Tonkrüge zeigen. 

Die Führung wird von einem Geologen organisiert, so dass wir mindestens genau so viel über die geologischen Eigenschaften der Höhle erfahren wie über die archäologischen Funde. Beides ist durchaus beeindruckend. Die Höhle ist sehr groß und erstreckt sich ca. 1,5 Km in den Berg hinein. Wir durchstöbern nur den Anfang, so ähnlich wie die Wissenschaftler derzeit auch. Man schätzt, dass die komplette Erforschung der Höhle noch ca. 100 Jahre dauern wird.

Anschließend geht es zum Kloster Noravank und wir durchstreifen, erneut unter der Führung unseres Geologen, die umgebenden Hänge des Klosters und lassen die theologischen und kunsthistorischen Aspekte heute mal unberücksichtigt. Dadurch ergeben sich ganz neue und spannende Perspektiven auf das Kloster und auch das umgebende Gelände. Die rotbraunen Hänge sind voller Mineralien mit eingeschlossenen Fossilien, die das geschulte Auge im Minutentakt findet und wir dann bestaunen dürfen. 

Schließlich werden wir zu Ende unseres Geländeganges um Noravank noch mal eindrucksvoll daran erinnert, wie wild die armenischen Landschaften sind. Zwar bekommen wir „den“ Bären nicht zu Gesicht, der angeblich in diesem Tal auch ab und zu vorbeikommen soll, aber eine riesige Blindschleiche schlängelt sich durchs Gras und wird von unserem Guide stolz der erschaudernden Gruppe präsentiert. Wenige Sekunden nach diesem Bild windet sich das Reptil übrigens schon wieder zwischen Felsen und Gestrüpp davon.

Auf dem Weg zurück zu unserem Minibus entdecke ich dann noch ein deutsches Autofabrikat im armenischen Palmsonntags-Schmuck. Eigentlich setzen sich die Armenier solche frischen Kränze an diesem Tag auf die Köpfe, aber warum nicht auch mal aufs Auto? 

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