Und? Wie ist es so im zweiten Jahr?

Oder: Von der Heimat nach Hause

Nun bin ich schon seit über drei Wochen wieder zurück in meiner derzeitigen zweiten Heimat Armenien, oftmals begleitet von der eingangs genannten Frage. Um eine Antwort zu versuchen: Nun, es ist eine schöne Mischung aus Altbekanntem, Wiedersehen mit Freunden, Bekannten und Kollegen und spannenden Neuentdeckungen. Mein Frisör hat Nachwuchs bekommen, der munter über die Frisurenkataloge turnt. Der Lover’s Park duftet nach frisch gemähtem Rasen. Meine Lieblingscafés sind alle noch da, ebenso die gemütlichsten Weinbars. Der Republiksplatz und die Cascaden sind besonders am Abend immer wieder schön zu erleben.  

Und meine drei geliebten Glas-Skulpturen von Andrew Carson drehen sich zuverlässig im Wind, der beständig oben auf den Cascaden weht. 

Neue Wanderfreunde

Im Frühjahr hatte mich bereits eine Freundin gefragt, ob ich gerne wandere und mir angeboten, dass wir mal zusammen eine Tour machen. Bis Juni hatten wir beide das nicht geschafft und zum Glück ist sie eine Woche, bevor ich zurückkam, ohne mich auf den höchsten Berg Armeniens, den Aragats gestiegen. Das wär dann vermutlich doch zu viel für mich gewesen – obwohl, wer weiß, mit meinen neuen Wanderstöcken? 

Die habe ich jedenfalls eingepackt für unseren Ausflug zur Ruine der Festung Smbataberd, ca. 2 ¾ Stunden Fahrt von Yerevan in Richtung Süden. Wir rumpeln im Geländewagen die letzten Kilometer über schlammige Feldwege bis zu einer kleinen Wiese mit Bach, den eine Brücke aus rostigen Metallplatten überquert. Zu Fuß geht es dann über den rauschenden Bach und anschließend eine gute Stunde lang schweißtreibend den Hügel hinauf. Dies liegt nicht nur an der Steilheit des Weges, sondern auch an den fast 30 Grad im fast nicht vorhandenen Schatten. Zum Glück habe ich viel Wasser dabei, zudem kann man an Quellen am Wegesrand die Flaschen auffüllen. 

Oben haben wir einen großartigen Blick auf die umliegenden Täler, ein wirklich sehr imposanter Ort für eine Festung. Wir trödeln eine Weile dort oben herum, denn wir waren viel schneller am Ziel, als unser Guide es uns angekündigt hatte. Auch im Reiseführer steht, dass der Aufstieg mindestens zwei Stunden dauert, wir waren wie gesagt trotz Hitze schneller. 

Diese Leistung muss belohnt werden, auf dem Rückweg gibt es Mittagessen in einem Höhlen-Restaurant in der Nähe von Noravankh: Armenische Forelle mit Kartoffeln aus dem Erdofen, dem „Tonir“. Dazu „das Übliche“ in besonders lecker, also Gurken, Tomaten, zwei Sorten Käse, Matzun (der armenische Joghurt) und Brot. 

Vier Tage und drei Nächte durch die Marzen (Provinzen) Armeniens

Schon drei Tage später geht es auf zu weiteren Entdeckungen: Meine erste Dienstreise in Armenien – drei Stationen führen mich erneut in den Süden Armeniens. Nach anstrengendem Dienstgeschäft erreichen wir am ersten Tag abends die Stadt Goris, etwa vier Stunden von Yerevan entfernt. Im Hotel habe ich Glück im Zimmerschlüssel-Lotto und ziehe die einzige Suite des Hotels im obersten Stock mit direkten Zugang aus der Aufzugstür, zwei Balkonen und Rundumsicht ins Tal. Schade, dass wir hier nur eine Nacht bleiben.

 

Am nächsten Tag klappt der Zeitplan dann besser, in Goris bleibt zwischendurch noch Zeit für den Besuch einer Handarbeits-Kooperative und fürs Mittagessen in einem schönen Gartenlokal. Wem die armenischen Häkeltierchen gefallen, der kann sich bei mir melden, ich nehme bis Ende November Bestellungen entgegen :-)

 

Am zweiten Abend erreichen wir dann den südlichsten Punkt unserer Reise, die Provinzhauptstadt Kapan. Sie war seit Jahrhunderten ein Zentrum der Bergbauindustrie. Daran werden wir schon bei der Anfahrt erinnert, wir halten zwischendurch kurz an einem Aussichtspunkt mit Blick über Hügel und Täler. Im Hintergrund glänzt malerisch ein See. In diesem Stausee befindet sich allerdings verseuchtes Wasser aus dem Bergbau, ein ungelöstes Umweltproblem.

Nach Ende aller Dienstgeschäfte in Kapan am Nachmittag fahren wir ein Stück nach Norden zurück, in Richtung Yerevan. Wir wollen am nächsten Vormittag noch mit der Seilbahn zum Kloster Tatev und dann zurück, so lautet der Plan. Dafür haben wir uns in einem „Fasshotel“ namens Harsnadzor Resort, ganz in der Nähe der Seilbahnstation, angemeldet, bestehend aus einzelnen Pavillons in Form von Holzfässern. Es liegt nicht nur sehr günstig, sondern bietet auch einen spektakulären Blick auf die Schlucht, die die Seilbahn in Richtung Kloster Tatev überquert.

Eigentlich - doch schon auf der Fahrt zurück von Kapan fängt es an zu regnen. Der Regen wird immer stärker, wir schleichen die letzte halbe Stunde durch Starkregen, Blitz, Donner und Nebel den Fässern zu.  

Nachdem wir unsere Fässer bezogen haben und in der Kälte in Richtung des Restaurants gehen, nieselt es nur noch und für wenige Augenblicke reißt der Nebel ein wenig auf. Jetzt bekommen wir zumindest einen kleinen Eindruck von der grandiosen Lage des Resorts.

Beim Abendessen – wir können den einzigen geschlossenen Pavillon des Gartenlokals nutzten – trommelt schon bald wieder der Regen weiter, es blitzt und donnert. Hungrig und verfroren hocken wir in unserer Hütte, da fällt auch noch der Strom aus und wir sitzen in vollkommener Dunkelheit! Aber Armenienreisende haben immer Taschenlampen dabei, bald funzelt es ein wenig. Kurze Zeit später ist der Strom wieder da, dazu zwei Kannen heißen Tee und ein Fläschchen Maulbeerwodka. Dies alles hilft, um die Stimmung etwas aufzuhellen. Nachdem schließlich auch noch das Essen serviert wird und der Wodka mehrmals gekreist hat, stellen wir freudig fest, dass selbst in der kleinsten Hütte noch Platz zum Singen und Tanzen ist. 

 

Am nächsten Morgen versinken die Schlucht und das Kloster Tatev in dichtem Nebel, fast schon wie die mystische Insel Avalon. Wir treten daher schon gleich nach dem Frühstück die weitere Rückreise nach Yerevan an. Doch wir sind uns sicher: Tatev können wir immer wieder besuchen, unsere Abschlussparty aber war einmalig!

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Kommentare: 1
  • #1

    Hannah (Montag, 19 September 2016 20:18)

    Das schreit geradezu danach, dass die Sachen auf die Liste kommen, wenn ich wieder da bin. Vor allem der Maulbeerwodka...;)
    Wunderschöne Bilder, gerade die Schafe haben mir wieder gefallen!