Blütenmeere und grüner Häuserkampf

In wenigen Stunden geht mein Flug nach Deutschland, zunächst zur Arbeit in Bonn und dann zum anschließendem Urlaub im Schwäbischen. Ich kann es immer noch kaum glauben, wie rasch die Monate hier in Armenien für mich verflogen sind.

Für meinen letzten Beitrag vor der Sommerpause habe ich einige meiner Lieblingsbilder der letzten Wochen für Euch zusammengesucht – es war wirklich schwer, diese Auswahl zu treffen …

Sommerwiesen

Die Landschaften und unsere Erlebnisse im Nordosten Armeniens hat ja meine Freundin Sybille in ihrem Gastbeitrag schon ganz wunderbar beschrieben. Während der drei Tage, die wir unterwegs waren, sind wir durch so viele Blumenwiesen gestapft, und jedes Mal dachten wir von neuem, dass dieser Ort so schön ist, dass man es kaum glauben kann - und mussten uns zudem stets mit dem Gedanken anfreunden, dass man ja irgendwann wieder weiterfahren sollte. Ich hatte manchmal fast das Gefühl, über einen Sandstrand in eine Meeresbrandung rennen, so magisch haben uns die Farben und Düfte angezogen – nur etwas gebremst durch die Furcht, eine oder zwei der Millionen von Pflänzchen zu zertreten. Stellt Euch dazu vielstimmiges Vogelzwitschern, Bienensummen und das Rauschen des Windes vor – sonst fast nichts, praktisch keine Zivilisationsgeräusche wie Autos, Züge, Flugzeuge oder was man sonst in Deutschland oftmals noch in Hörweite hat.

Passend zu dieser Vorstellung hier nun meine Top Ten der armenischen Blumenwiesen zwischen Yerevan und der georgischen Grenze:

 

 

In der Zwischenzeit habe ich gelernt, dass diese unglaublich knallroten Klatschmohnwiesen durch Überweidung entstanden sind. Kühe sind ja schlau und fressen den für sie giftigen Klatschmohn nicht. Übrig bleiben dann manchmal solche Wiesen. In Europa verschwindet der Klatschmohn aufgrund von Unkrautvernichtungsmitteln sowie reinem Saatgut. Hier zeigt sich die Dualität zwischen Naturbelassenheit einerseits und Ineffektivität andererseits, die man derzeit noch in vielen Bereiche der armenischen Landwirtschaft findet.

Als Kind war Klatschmohn meine Lieblingsblume, die in Deutschland damals schon selten am Rand der Felder wuchs und den man nicht pflücken konnte, weil er praktisch sofort verwelkt. Und auch die Schafherden und Kühe wecken bei mir Kindheitserinnerungen vom schwäbischen Landleben. 

 

… und noch mehr Blumen …

Wenn Blüten und Blumen nicht im Mittelpunkt stehen, dann passen sie dennoch zu vielen anderen Motiven, die mir vor die Handy-Linse kamen: Angefangen von kleinen Salamandern über Bienen und Schmetterlinge, natürlich Kreuzsteine und Klöster, bis hin zu Felsen und Schluchten. 

Grüne Ritzen

Auch in Armenien war der Frühsommer bis vor kurzem – für hiesige Verhältnisse – kalt und verregnet. Daher zeigte sich die Natur in den vergangenen Wochen umso grüner. Es wird noch dauern, bis sich das Grün in vertrocknetes Braun verwandelt. Besonders beeindruckend finde ich es, wenn sich die Pflanzen in den Ruinen, Kirchen und Klöstern durch jede Ritze drücken, vor allem auf den Kuppeldächern, aber auch zwischen den Pflastersteinen und Treppen oder mitten in den Wänden und Fassaden. Gleichzeitig wird jedoch an vielen Stellen Armeniens an den alten Gemäuern heftig renoviert. So ist das Kloster Sanahin, das uns auf Fotos zuerst so romantisch-verwunschen erschien, gerade voller Gerüste und erste Teile sind auch schon steril fertig renoviert.

Ich bin dann immer hin- und hergerissen. Für die Erhaltung der Bauwerke und auch für ihre Nutzung als sakrale Bauten ist die Verbannung von „Unkraut“ sicherlich das richtige. Und dass man ein UNESCO-Weltkulturerbe wie Sanahin renoviert, ist ja, wie wir es auch in Maulbronn erlebt haben, praktisch Pflicht. Dennoch muss ich zugeben, dass mir Sanahin auf den älteren Bildern in meinem Buch „Top 50 Sights of Armenia“ malerischer und romantischer erscheint als derzeit und nach dem Ende der Renovierung wird sicherlich einiges mehr an Charme verloren gegangen sein ….

 

Aber noch fand ich viele solcher Ecken und Winkel, in denen der Häuserkampf zwischen Natur und Mensch noch ausgeglichen ist, nicht nur in Sanahin.

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